Antibiotikaforschung in staatlicher Hand?
Ist Deutschland und die Welt gegen „super-bugs“ gewappnet ?

Über Jahrzehnte schien es, als seinen Ärzte und Forscher den Mikroben immer „einen Katzensprung“ voraus. Neue Meldungen über „super-bugs“, die gegen alle gängigen Antibiotika resistent sind, beunruhigen hingegen und lassen uns die Frage stellen, ob die Gefahr der Entwicklung eines wirklich komplett resistenten Bakteriums besteht. NDM-1 können bis dato noch wirksame Substanzen wie Carbapenem unschädlich machen. Das ist ein Fortschritt im negativen Sinne, auch wenn diese Keime nicht ganz „neu“ sind. Das verantwortliche Gen findet sich – so das Robert-Koch-Institut - in Klebsiella pneumoniae und Enterobacter cloacae.

Wer schafft neue „Waffen“ gegen diese mikrobiologischen Herausforderungen ? Zwischen 1983 und 1987 – so berichtet die FAZ – wurden 16 neue Antibiotika zugelassen, zwischen 2003 und 2007 waren es nur noch fünf. Vor zwanzig Jahren forschten etwa 70 größere Firmen, heute geht man davon aus, dass noch etwa ein Dutzend der großen Firmen forscht, Antibiotika werden immer mehr auch von kleineren Biotech Firmen entwickelt.

Unsere Frage an die Politik:

Muss ein Staat nicht reagieren, Forscher ins Land holen, Zulassungsverfahren vereinfachen, um im „Fall der Fälle“ gewappnet zu sein ?

Nach dem Mainzer Säuglingsfall hat sich die Kanzlerin eingeschaltet, sie hat „schärfere Hygineregeln“ gefordert. Zur Antibiotika-Absicherung sagt Frau Merkel kein Wort. Nach Mainz ist die Thematik wieder „eingeschlafen und aus dem Sinn“, Herr Rösler scheint sich mehr mit „Zahlenwerken“ zu befassen, als mit der Sicherheit der Patienten und Vorsorge in gesundheitlicher Hinsicht, obwohl er der Minister für „Gesundheit“ ist, auch vom Patientenbeauftragten hören wir nichts von Substanz.

Die Schaffung geeigneter Kontrollmechanismen auf der Ebene der Kliniken wäre wichtig, hierzu ist die deutsche Regierung nicht der Lage, trotz der Vorbilder in unmittelbarer Nähe (Holland, Skandinavien). Ist dann zu erwarten, dass die Regierung diese Landes die „Makroprobleme“ erkennt und dafür sorgt, dass Pharmafirmen – auch wirtschaftliche Anreize haben, weiter viel Zeit, Geld und Einsatz der Mitarbeiter in die Erforschung neuer (Reserve-) Antibiotika zu stecken? Reserveantibiotika benötigt man seltener als täglich bei tausenden Patienten zu gebende Präparate, die Umsatzperspektiven für die Unternehmen sind – bei exorbitant hohen Forschungs- und Erprobungskosten - geringer.

In dem Arte-Bericht „Die Rache der Bakterien“ wurde eine Stimme zitiert, die von 80.000 Todesfällen täglich weltweit im Zusammenhang mit Krankenhausinfektionen ausgeht. In Deutschland sterben jährlich ebenfalls mehrere tausend Menschen an Krankenhausinfektionen, die Zahl der vermeidbaren Todesfälle ist umstritten. Und der Gesundheitsminister handelt nicht effektiv - ein Skandal. Wir gehen aufgrund unserer langjährigen Erfahrung im Rahmen der bundesweiten Vertretung dieser Fälle von nicht unerheblichen Dunkelziffern aus, fast kein Sepsisfall mit tödlichem Ausgang, den wir vertreten, führte nicht zu einem Totenschein mit dem Hinweis „natürlicher Tod“ durch „Multiorganversagen“.

Kann es sich dieses Land leisten, der Wissenschaft ausschließlich selbst zu überlassen, woran geforscht wird ? Wie wird sichergestellt, dass Fördermittel der Regierung nicht „zielorientiert“ eingesetzt werden ? Fördermittel sind kein Mittel der „Lenkung“, die Politik darf allgemeine „Makroziele“ der Forschung formulieren, nicht aber im Sine der gewünschten Ergebnisse lenken. Hier gäbe es in Deutschland viel zu diskutieren, es gibt bekannt Forscher, die sich mit für uns doch „erstaunlichen Themen“ befassen.

Bisher sehen wir keine geeigneten Maßnahmen dieses Staates, die helfen, geschweige denn sicherstellen könnten, dass der absolut resistente „super-bug“ – der hoffentlich noch in weiter Ferne ist - besiegt werden kann, wenn er kommen oder sogar epidemische Verbreitungszahlen annehmen sollte. Es geht nicht darum, Angst zu verbreiten. Noch könnte die Politik Rahmenvoraussetzungen für allgemein effektiv kontrollierte Hygiene und Antibiotikaforschung auf höchstem Niveau schaffen, Herr Rösler aber scheint deutlich überfordert – oder nicht gewillt – und die Kanzlerin gibt ihr „statement“ nur ab, wenn „Volkes Stimme“ dies aufgrund aktueller Geschehnisse – wie den traurigen Infektionsfällen in Mainz – fordert. Das „statement“ führt nicht zu Aktivität, schnell und turnusmäßig „schläft“ der Wille wieder ein:

Und täglich sterben weiter – vielfach vermeidbar – Menschen in einem „high-tech-Medizin“ Land wie Deutschland mit milliardenschwerem Gesundheitswesen an den Folgen von Infektionen. Warum nimmt die Politik dies in Kauf ?

 

RA Dr. jur. Burkhard Kirchhoff
Patientenanwalt

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