Kanzlei Dr. Kirchhoff & Kollegen erwirkt Grundsatzurteil zur fehlerhaften Antibiotika-Behandlung eines Sepsis-Patienten:

Landgericht Lüneburg wertet fehlerhafte Antibiotikaabdeckung eines verstorbenen Patienten in Widerspruch zu den Ausführungen eines Sachverständigen als "groben Behandlungsfehler" mit der Folge einer Beweislastumkehr.

Sie finden das Urteil hier


"Ein Meilenstein für Sepsis-Opfer - Ärzte, lest die Entscheidung und verbessert die Diagnostik und Behandlung der Sepsis weiter!

Kommentar RA Dr. Kirchhoff:

In Deutschland werden jährlich nach Schätzungen der Deutschen Sepsis-Gesellschaft etwa 150.000 Menschen an einer Sepsis behandelt. Mit jeder Stunde (!) der verspäteten Behandlung eines Krankenhauspatienten, der an einer Sepsis erkrankt ist, steigt das Sterberisiko nach Schätzungen der Deutschen Sepsis-Gesellschaft um bis zu 7%. Obwohl medizinische Richtlinien, die die medizinischen Notwendigkeiten beschreiben, werden aufsteigende septische Geschehen nicht selten zu spät erkannt und oft auch nicht zutreffend antibiotisch behandelt.

Wir kämpfen seit Jahren für die Überprüfung der antibiotischen Abdeckung, wenn Patienten sich mit Krankenhauskeimen infizieren und in der Folge an einer Sepsis erkranken und versterben. In vielen Fällen findet sich in den "Totenscheinen" der Hinweis auf einen angeblich natürlichen Tod, häufig liest man, der Patient sei an einem "plötzlichen Herztod" oder einer "kardialen Dekompensation" verstorben. Einblutungen sind das Endstadium der Sepsis. Staatsanwaltschaften ist dringend zu empfehlen, die Feststellung eines angeblich natürlichen Todes bei Patienten mit Verdachtsmomenten und angeblichem "Multiorganversagen" im Einzelfall durchaus zu hinterfragen. Die von deutschen Staatsanwaltschaften in diesen Fällen - von hoher Dunkelziffer - häufig bemühten Gutachten der nahe gelegenen Rechtsmedizin sehen wir kritisch, die Hintergründe und die Behandlung septischer Geschehen muss durch Fachgutachter wie Infektiologen, Mikrobiologen und Internisten geprüft werden.

Das von uns erwirkte Urteil ist ein Meilenstein, denn es wird die Sorgfalt der Kliniken bei der Behandlung septischer Patienten - wegen der für die Kliniken gestiegen Haftungsrisiken, wenn septische Patienten nicht sofort und zutreffend behandelt werden - erhöhen. Die Entscheidung dient dem Wohle der Patienten, sie muss Auswirkungen auf die klinische Praxis haben.

Neu ist der Umstand, dass das Landgericht Lüneburg die seiner Einschätzung nach fehlerhafte antibiotische Abdeckung des Patienten als "groben Fehler" wertet, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. Damit war die Beweislast umgekehrt, in diesen Fällen müssen künftig die Kliniken beweisen, dass der Patient auch bei zutreffender Diagnostik und Behandlung verstorben wäre.