Schadensersatzforderungen wegen fehlerhafter Medizinprodukte – „Billig-Brustimplantate, Hüften, Knieprothesen und Stents“ – Wer muss zahlen?

Billig-Medizinprodukte und das kritik- und verbesserungswürdige Überwachungssystem in Deutschland und Europa sind durch den Skandal um fehlerhafte Brustimplantate in den Focus der Öffentlichkeit gerückt.

Wir vertreten - ausschließlich - Patienten, die durch den Einsatz fehlerhafter Medizinprodukte geschädigt wurden, seit vielen Jahren. In zahlreichen öffentlichen Fernseh- und Printbeiträgen wird in juristischer Hinsicht über die Frage spekuliert, wer nach einer Insolvenz eines Herstellers des Medizinproduktes und problematischer Haftung eventueller Kontrolleinrichtungen schadensersatzrechtlich in die Haftung genommen werden kann.

Die öffentliche Diskussion über die Frage der Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen bei Einbau fehlerhafter Medizinprodukte ist auf ein „schiefes Gleis“ geraten. In einigen Beiträgen wird der Eindruck erweckt, als sei die Prüfung der Erfolgsaussichten hinsichtlich der Geltendmachung von Schadensersatz für den Ausbau oder Wechsel eines geplatzten oder gesundheitsgefährdenden Silikon-Brustimplantates oder einer schadhaften Knieprothese aussichtslos, insbesondere wenn der Hersteller insolvent sei.

Wir gehen – auch auf diesem Gebiet des Arzthaftungsrechtes – eigene Wege. Arzthaftungsrecht muss immer ausgehend vom Patienten betrachtet werden. Dem Patienten nahe ist – im Idealfall - sein Arzt, diesem vertraut er, er baut auf seine schönheitschirurgische, orthopädische oder kardiologische Befähigung. Der Patient vertraut auch auf das Wissen seines Arztes, er geht - wie selbstverständlich - davon aus, dass sein Behandler ein Brustimplantat, eine Knieprothese, eine Hüftprothese oder einen Stent im Herzen setzt, der durch geeignete, valide Studien geprüft und für in Ordnung befunden ist. Er erwartet, dass sein Arzt im Internet recherchiert und das Wissen des „weltweiten Netzes“ für sich zur Beurteilung der Geeignetheit des von ihm – seinem Patienten - empfohlenen Medizinproduktes genutzt hat.

Im Rahmen der Vertretung dieser Fälle muss der Patientenanwalt immer individuell – das heißt bezogen auf das konkret eingesetzte „Bauteil“ - prüfen, welches Wissen für den Behandler bei der Empfehlung des Produktes dem Patienten gegenüber im Zeitpunkt der Operation verfügbar war und ob dieses Wissen dem Patienten hinreichend kommuniziert wurde. Wirtschaftliche Aspekte dürfen bei der Auswahl eines Medizinproduktes keine Rolle spielen. Meldungen über schadhafte oder materialfehlerhafte Medizinprodukte verbreiten sich im Internet schnell, die Ärzteschaft sollte alles daran setzen, eine geeignete Datenbank selbst zu etablieren. Problematische Medizinprodukte wären in kürzester Zeitspanne herauszukristallisieren, Patienten könnten vor vermeidbarem Schaden bewahrt werden.

Die Rechtsprechung wird sich in den nächsten Jahren weiter entwickeln. Wie weit die Recherche- und Aufklärungspflicht des Arztes „am Ende“ gehen wird, wenn er seinem Patienten ein Medizinprodukt implantiert, wird durch den Bundesgerichtshof in den nächsten Jahren herausgearbeitet werden müssen. Die Operateure sind gut beraten, wenn sie sich intensiv mit der verfügbaren Faktenlage unter Einbeziehung spezieller, ärztlicher Datenbanken befassen, um sich nicht mit einem Schadensersatzanspruch konfrontiert zu sehen, weil dem Patienten die Verwendung des gesetzten Brustimplantates oder eines konkreten, künstlichen Hüft- oder Kniegelenkes schon generell nicht hätte empfohlen werden dürfen. Der pauschale Hinweis „das haben wir nicht gewusst und uns auf Dritte verlassen“ wird nicht reichen. Für höchst problematisch halten wir es, wenn einer Brustkrebspatientin – einen solchen Fall bearbeiten wir – durch eine Klinik mitgeteilt wird, problematische Billig-Implantate eines bestimmten Herstellers seien in dieser Klinik generell nicht verwendet worden und sich dann im Rahmen der Entfernung in einer anderen Klinik herausstellt, dass diese Information der Klinik falsch war.

 

RA Dr. jur. Burkhard Kirchhoff
Patientenanwalt

Wilhelmstraße 9
35781 Weilburg / Lahn
06471 / 93 72 - 0
info@kirchhoff-anwalt.de
www.mrsa-anwalt.de