Ausbruchsmanagement in Deutschland und der Fall Leipzig

Anmerkungen von Patientenanwalt Dr. Kirchhoff zum "Leipziger KPC Ausbruch" und zum Ausbruchsmanagement in Deutschland

Im Universitätsklinikum Leipzig kam es in der Zeit zwischen Mitte 2010 und Anfang 2013 zu einem "großen Ausbruch" - Besiedelungen und teilweise auch Infektionen von mehr als 100 Patienten - mit einem hoch resistenten, Carbapenemase bildenden Klebsiella pneumoniae Bakterium.

Im Jahre 2013 erschien im Deutschen Ärzteblatt ein Artikel eines Arztes der Klinik für Gastroenterologie des Universitätsklinikums Leipzig AöR, in dem von einer "erfolgreichen Eindämmung und Beendigung des Leipziger KPC Ausbruches" die Rede ist, von dem "bis Anfang 2013 insgesamt 103 Patienten betroffen" gewesen seien.

Die "erfolgreiche Eindämmung und Beendigung des Ausbruches" sei auf eine "konsequente Umsetzung eines übergreifenden Konzeptes der Infektionskontrolle zurückzuführen".

Unsere Kanzlei hat zu dem Ausbruch in Leipzig mit zahlreichen Toten bisher keinen umfassenden Bericht gelesen.

Vor dem Hintergrund der Dauer des Ausbruches über einen Zeitraum von rund 2 ½ Jahren bleiben für uns viele Fragen:

Wie war der genaue, chronologische Ablauf des Ausbruches und warum benötigte man bis Anfang 2013, um diesen "erfolgreich" einzudämmen?

Ist der Ausbruch zweifelsfrei eingedämmt oder sind die hoch resistenten Carbapenemase-bildenden Bakterien nach der offiziellen Beendigung des Ausbruches noch einmal aufgetreten?

Wer war an der Aufarbeitung des Ausbruches und an den Strategien zur Beendigung beteiligt?

Erfolgte eine objektive und neutrale Überprüfung der Frage der Vermeidbarkeit einzelner Fälle? Wie viele Patienten sind geschädigt oder verstorben? Wurde die Vermeidbarkeit umfassend, präzise und unabhängig geprüft?

Wurden Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft in Leipzig geführt und wurden unabhängige und objektive Gutachter beauftragt? Was wurde festgestellt?

Unsere Kanzlei kritisiert seit vielen Jahren das Ausbruchsmanagement nach Infektionsausbrüchen in deutschen Kliniken.

Der Fall der toten Frühchen in Bremen hat eine hohe, mediale Aufmerksamkeit erfahren. Durch eine fachkundige Überprüfung der Abläufe durch den unabhängigen Hygienexperten Prof. Dr. Popp wurde die Chronologie des Ausbruches herausgearbeitet und die Hygienestruktur eingehend überprüft.

Die Niederlande sind Deutschland beim Ausbruchsmanagement unseres Erachtens deutlich voraus. Nach einem Oxa-48-Ausbruch in einer Klinik in Rotterdam mit mehr als 20 Verdachts-Todesfällen haben die Niederlande eine "Kommission Wahrheitsfindung" eingesetzt, die in einem für jeden Niederländer nachlesbaren, öffentlichen Bericht die Frage der Vermeidbarkeit des Ausbruches, dessen Hergang und insbesondere die Verantwortlichkeiten ohne Rücksichtnahme auf die Leitung der Klinik aufgeklärt hat.

Einen solchen öffentlichen und vergleichbaren Bericht haben wir zu dem damaligen Ausbruch im Universitätsklinikum Leipzig bisher nicht gefunden. Stattdessen findet sich im Ärzteblatt der erwähnte Artikel eines Gastroenterologen der Uni Leipzig, der mit zwei weiteren Autoren die "Erkenntnis" der Notwendigkeit eines "übergreifenden Konzeptes" zur Ausbruchskontrolle offenbart und nach Beendigung eines 2 ½-jährigen Ausbruches mit mehr als 100 betroffenen Patienten von einer "erfolgreichen Eindämmung" spricht.

Übergreifende Konzepte fordert das RKI nach Ausbrüchen seit Jahren. Wir fordern - generell nach Ausbrüchen in Kliniken - unabhängige Gutachten und Transparenz.

Das Ausbruchsmanagement deutscher Kliniken sollte nicht nur von der Öffentlichkeit und geschädigten Patienten genau beobachtet werden, sondern Deutschland braucht dringend flächendeckend effektive Kontrollmechanismen hinsichtlich des tatsächlichen Standards der Krankenhaushygiene in den Kliniken.
Wir fordern deshalb weiter die Ansiedlung der überragend wichtigen Aufgabe der Kontrolle der Klinikhygiene sowie der Bekämpfung von Ausbrüchen und der Überprüfung der Verantwortlichkeiten auf Bundesebene durch Schaffung einer fachlich, personell und finanziell gut ausgestatteten "task force Klinikhygiene".


RA Dr. jur. Burkhard Kirchhoff
Patientenanwalt

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