Ebola-Pandemie in Deutschland nach Expertenansicht ausschließbar -
Nur eine Beruhigungspille für das Volk?

Kritische Anmerkungen zum Ebola-Problem von Patientenanwalt Dr. Burkhard Kirchhoff

Der afrikanische Kontinent erlebt eine Ebola-Epidemie bisher nicht dokumentierten Ausmaßes. Der Entdecker des Ebola "Marburg" Virus, der 79 jährige Mediziner Werner Slenczka sieht - mit vielen Experten in Deutschland und Europa - keine Gefahr einer Ebola-Pandemie in Deutschland. Deutschland sei "prinzipiell gut vorbereitet", weshalb die Krankheit nach übereinstimmender Ansicht zahlreicher Experten in Deutschland nicht zu einer Bedrohung für die Bevölkerung werden könne.

Ebola ist ein hoch pathogenes, sehr ansteckendes Virus, welches keine - nicht die geringsten - Hygienefehler erlaubt. Die aktuelle Ebola-Epidemie hat trotz der teilweise sogar nur mittleren Virulenz der Haupt-Virenstämme in Afrika ein Ausmaß erreicht, welches mit Therapien nicht mehr zu stoppen ist. Die Fallzahlen liegen so hoch, dass eine Ausbreitung des Virus auf einzelne Teile der Welt durchaus denkbar erscheint. Dann wird es auf die Frage ankommen, ob betroffene Länder vorbereitet sind.

Die deutsche Bevölkerung wird - wie seit Jahren hinsichtlich der hohen Anzahl an Klinikinfektionen und vermeidbaren Todesfällen durch resistente Klinikkeime - in Sicherheit gewogen und von einigen Experten wird gebetsmühlenartig und pauschal erklärt, Deutschland - und der Rest Europas - sei ohne weiteres in der Lage, die Erkrankung Ebola einzudämmen, bevor es zu einer Verbreitung des Virus im Lande kommen könne.

Richtig ist, dass beim Thema Ebola Panikmache nicht angezeigt ist. Gleichwohl seien "mahnende Worte" - basierend auf langjähriger Kenntnis der zahlreichen Schwächen der deutschen Infektionsprävention und der oft unzureichenden Aufarbeitung von Infektionsausbrüchen in Deutschland - erlaubt:

Deutschland verfügt über High-Tech-Isolierstationen, in denen Mitarbeiter arbeiten, die langjährige Erfahrung im Umgang mit hoch infektiösen Patienten gesammelt haben und regelmäßig gut ausgebildet sind. Auf diesen Stationen gelingt es im Regelfall, Infektionswege rigoros zu unterbrechen, dies ist bei Ebola elementar, denn der Virus verzeiht keine Fehler. Wie der Fall einer infizierten spanischen Pflegekraft verdeutlicht, sind aber selbst auf einer hoch spezialisiert und mit Luft-Schleusen und Unterdruck arbeitenden Station Infektionsfälle nicht zu 100% auszuschließen. Man sieht den Virus nicht, geringste Nachlässigkeiten können eine Infektion nach sich ziehen.

Wie wird sich die Situation in Deutschland oder in Europa darstellen, wenn die Fallzahlen - anfangs gering - ansteigen?

In dieser theoretischen Situation könnten nicht alle Patienten auf High-Risk-Isolierstationen versorgt werden. Nur etwa 400 Plätze wären verfügbar. Dann käme es auf die "allgemeine Krankenhaushygiene" an und in diesem Bereich hat Deutschland Nachholbedarf, was bis zu 600.000 vermeidbare nosokomiale - im Krankenhaus diagnostizierte - Infektionen pro Jahr bei bis 1,2 Millionen Infektionen und etwa 22 Millionen Krankenhausbehandlungen insgesamt zeigen.

Ebola verzeiht keine Fehler - es muss wiederholt werden. Das Virus und seine einzelnen Stämme sind um ein Vielfaches virulenter als sogar hoch resistente Klinikkeime wie multiresistente staphylococcus aureus oder ESBL bildende Klebsielen. Diese werden nur zum Problem, wenn sie in die Blutbahn eindringen und - insbesondere bei immungeschwächten Patienten - eine Sepsis verursachen.

Deutschland hat mehrfach konkret bewiesen, dass es bisher über kein flächendeckend geeignetes System zur Bekämpfung von Infektionsausbrüchen verfügt:

Der Fall der toten Frühchen in Bremen ging bundesweit durch die Medien. Man schloss die betroffene Station nach mehreren Todesfällen, meinte die Räumlichkeiten saniert zu haben und eröffnete die Station erneut: Das Bakterium zog - wie hatten dies prognostiziert - mit und es kam erneut zu einem Todesfall. Im Universitätsklinikum Leipzig kam es in der Zeit zwischen Mitte 2010 und Anfang 2013 zu einem "großen Ausbruch" - Besiedelungen und teilweise auch Infektionen von mehr als 100 Patienten - mit einem hoch resistenten, Carbapenemase bildenden Klebsiella pneumoniae Bakterium. Das Universitätsklinikum Leipzig hat mehr als 2 Jahre gebraucht, um diesen Ausbruch zu beenden, von dem mehr als 100 Patienten (!) betroffen waren. Ein umfassender, schonungsloser, unabhängiger und im Sinne der Nachprüfbarkeit öffentlicher Bericht liegt bis heute nicht vor. Kritische Anmerkungen zum Fall Leipzig finden sie auf unserer Webseite.

In einer niederländischen Klinik kam es zu einem Ausbruch eines Klebsiellen OXA 48 Stammes mit hochgradiger Carbapenem-Resistenz. Der Bericht der Kommission Wahrheitsfindung ist ein Lehrstück für Klinikleitungen und in der deutschen Übersetzung durch Eur-Safety-Health-net mit Schlussfolgerungen und Empfehlungen für Kliniken zum Umgang mit Infektionsausbrüchen über unsere Webseite abrufbar (siehe www.mrsa-anwalt.de).

Viele Fälle von Infektionsausbrüchen in Deutschland werden nicht bekannt - geschweige denn öffentlich.

Wir sollten uns nicht selbst überschätzen. Deutschland hat in erheblichem Umfang Nachholbedarf auf dem Gebiet der Bewältigung von Infektionsausbrüchen und deren Vermeidung. Nahezu jede Klinik behauptet von sich, die Hygienegesetze strikt "1:1" zu beachten. Meistens wird auf die "Qualitätsberichte" und die Teilnahme an der Aktion "Saubere Hände" hingewiesen. Diese Parameter waren sogar für die Zeitschrift Focus im Zuge der Ermittlung von Deutschlands "Top Kliniken" wichtige Beurteilungskriterien. Dies obwohl Papier geduldig ist und Behauptungen für sich noch keinen Beweis für eine gute Klinikhygiene sind. Vollmundige Behauptungen in Qualitätsberichten beweisen nichts.

Flächendeckend geeignete, unabhängige Kontrollen der Kliniken fehlen immer noch in vielen Bereichen, die gesetzlich verpflichtende Umsetzung der Hygienerichtlinien des Robert Koch Institutes wird nicht immer unabhängig und geeignet kontrolliert. Dies führt dazu, dass schwarze Schafe der Krankenhaushygiene in Deutschland "leichtes Spiel" haben und pauschal behaupten können, man setze die Hygiene-Gesetze um und habe die geforderte Anzahl an Fachkräften, Schulungen, Hygienebarrieren. Der Patient muss diesen Versprechungen - ohne Möglichkeit der Prüfung - Glauben schenken und sein Schicksal - wenn er Pech hat - in die Hand einer Klinik mit einer anfälligen Hygienestruktur legen.

Es ist zu hoffen, dass die Fallzahlen in Deutschland nicht steigen und Kliniken mit einer hoch anfälligen Hygienestruktur niemals Ebola-Patienten versorgen müssen. Diese Kliniken können eine Ausbreitung des Virus auf andere Patienten aufgrund der Pathogenität des Virus nicht sicher vermeiden.

Deutschland sollte - schon aus Gründen der Prävention - in höchstem Maße Mittel zur Verfügung stellen, um der afrikanischen Bevölkerung bei der Eindämmung im Land zu helfen.

Die deutsche Kliniklandschaft und die mit Infektionsprävention befassten Behörden haben Schwachstellen, die dazu führen, dass der Verlauf insgesamt - bei Zunahme der Infektionsfälle - nicht sicher prognostizierbar ist. Wir fordern einen realistisch-kritischen Umgang mit den Fähigkeiten der deutschen Klinikhygiene - frei von Selbstüberschätzung, Beruhigungspillen und Panikmache.

Meine Gedanken sind bei den Menschen in Afrika, die bei oft ohnehin schwierigen Lebensbedingungen und mit geringen Mitteln das Ebola-Problem bewältigen müssen. Meine Anerkennung gilt den Helfern aus der ganzen Welt, die - für jeden von uns präventiv - im Land ihre Beiträge zur Eindämmung der Ebola-Pandemie leisten.

 

RA Dr. jur. Burkhard Kirchhoff
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