Schadensersatz nach MRSA-Infektion als kausale Folge eines groben Behandlungsfehlers.

Beweislastumkehr bezieht sich auch auf gesundheitliche Sekundärschäden, die "typisch" mit dem Primärschaden verbunden sind.

Baukosten für behindertengerechten Umbau eines Hauses als Folge eines Kunstfehlers erstattungsfähig.

Die Weilburger Anwaltskanzlei Dr. Kirchhoff & Kollegen vertritt bundesweit ausschließlich Patienten, die durch nosokomiale Infektionen geschädigt wurden oder aber zu den zahlreichen Opfern verspätet diagnostizierter oder fehlerhaft behandelter, septischer Geschehen in Deutschland gehören. Mehr Informationen zum Thema finden Sie unter unseren Webseiten www.mrsa-anwalt.de sowie www.sepsisanwalt.de.

Mit einem am 16.11.2012 verkündeten wegen eines Vergleiches nicht rechtskräftig gewordenen Urteil hat das Landgericht Siegen zu Gunsten einer Patientin entschieden, dass eine Klinik für die Folgen eines Kunstfehlers haftet, wenn es im weiteren Verlauf zu einer Infektion der Patientin mit multiresistenten Staphylococcus aureus Bakterien im Rahmen der Weiterbehandlung außer Haus kommt.

Die Klinik war in einem vorangegangenen Verfahren bereits verurteilt worden, das zuständige Landgericht Siegen hatte festgestellt, dass die Klinik der Patientin Schadensersatz für einen Kunstfehler schuldet, der zum Verlust der Gehfähigkeit der Patientin geführt hatte.

Nach einem Urlaub auf Teneriffa bekam die Patientin dann Fieber und Schüttelfrost, eine Sepsis der Patientin wurde festgestellt. Die Patientin wurde in ein Krankenhaus in Hessen verbracht und in ein künstliches Koma versetzt. Ihr musste ein künstlicher Ausgang gelegt werden.

Im weiteren Verlauf kam es zu einer Infektion der Patientin mit multiresistenten Staphylokokken MRSA, wobei im Rahmen des Verfahrens nicht geklärt wurde, wo die Patientin sich diese Infektion zugezogen hatte. Es bildeten sich schwere, eiternde, schlecht heilende Wunden, die im September 2010 eine Verlegung zur Verpflanzung von Haut im Gesäßbereich erforderlich machten.

Nach zahlreichen, weiteren Operationen wurde die Patientin wieder in das hessische Krankenhaus verlegt. Die MRSA Infektion wurde wieder festgestellt, wobei erneut unklar blieb, woher der MRSA-Keim stammte. Nach weiteren Operationen wurde am 26.05.2011 die künstliche linke Hüfte der Patientin entfernt. Die Operation war mit hohem Blutverlust und starken Schmerzen verbunden.

Im Rahmen des Verfahrens machte die Klägerin Schadensersatz geltend, wobei ein über das bereits im vorangegangenen Verfahren ausgeurteilte Schmerzensgeld hinausgehendes, weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 80.000,00 € für die erlittene MRSA-Infektion verlangt wurde.

Das Landgericht Siegen hat der Klage im Wege eines Teilurteiles am 16.11.2012 stattgegeben und - insoweit sind die nicht rechtskräftigen Entscheidungsgründe von grundsätzlicher Bedeutung - festgestellt, dass die geschädigte Patientin einen Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld von 80.000,00 € hat, da - nach Ansicht des Landgerichtes - die später und an unbekanntem Orte erlittene MRSA Infektion und deren Folgen einen kausalen Zusammenhang mit einem durch das Oberlandesgericht Hamm mit Urteil vom 19.11.2007 rechtskräftig festgestellten, groben Behandlungsfehler aufweist.

Durch den groben Behandlungsfehler greife eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Patientin für gesundheitliche Sekundärschäden.

Die in Anspruch genommene Klinik aus Nordrhein Westfalen bestritt im Verfahren die Behauptung der Klägerin, die Entfernung ihrer künstlichen Hüfte und die Notwendigkeit ohne Hüfte leben zu müssen, sei auf die MRSA-Infektion und kausal auf den rechtskräftig festgestellten Kunstfehler zurückzuführen.

Eine Sepsis - eine Entzündungsreaktion - sei - so das Landgericht völlig zutreffend - immer auf eine Infektion zurückzuführen, für deren Kausalität irrelevant sei, wo die Infektion stattgefunden habe. Das Bestreiten der Klinik insoweit sei als "unbeachtliches Bestreiten ins Blaue" einzuordnen.

Unstreitig habe sich die Klägerin - so das Landgericht Siegen - weiter mit dem Keim MRSA infiziert. Hätte sie nicht stationär behandelt werden müssen, wäre die Infektion mit MRSA unterblieben. Die Infektion habe im weiteren Verlauf dazu geführt, dass umfangreiche Behandlungen und Operationen notwendig wurden, welche schließlich zur Entfernung der künstlichen Hüfte führten.

Der Klägerin stehe aufgrund dieser Kausalkette ein Schmerzensgeld von 80.000,00 € über den bereits gezahlten Betrag hinaus zu. Die Klägerin habe von Juli 2010 bis Juli 2011 in verschiedenen Kliniken zubringen müssen. Zeitweise sei sie in ein künstliches Koma versetzt worden und ihr habe ein künstlicher Ausgang gelegt werden müssen.

Die von der Klägerin geltend gemachten Kosten für den behindertengerechten Umbau ihres Hauses wurden vom Landgericht in voller Höhe als ersatzfähig angesehen. Die Kosten seien erforderlich und angemessen.

Das Urteil des Landgerichtes Siegen ist nicht rechtskräftig geworden. Nachdem die Klinik fristgerecht Berufung eingelegt und diese zum Oberlandesgericht Hamm begründet hatte, wurde zwischen den Parteien ein Vergleich geschlossen, der zur Zahlung eines Vergleichsbetrages in Höhe von mehreren hundert tausend Euro durch die Klinik an unsere Mandantin führte.

Unsere Kanzlei vertritt seit Jahrzehnten deutschlandweit Patienten, die durch Krankenhausinfektionen geschädigt wurden. Die Begründung des Landgerichtes Siegen ist für nosokomial geschädigte Patienten von Bedeutung, auch wenn das Urteil nicht rechtskräftig geworden ist, weil die Patientin nach fristgerechter Einlegung einer Berufung zum Oberlandesgericht von der Klinik auf dem Vergleichswege entschädigt wurde.

Das Landgericht Siegen stellte klar, dass eine Infektion mit MRSA-Bakterien innerhalb der sogenannten "juristischen Adäquanz" liegt und der Patient nicht die Zurechenbarkeit dieser Infektion beweisen muss, wenn sie die Folge eines groben Behandlungsfehlers ist.


Wichtig für geschädigte Patienten ist auch die Feststellung des Landgerichtes, wonach Patienten, die durch Krankenhausinfektionen oder eine verspätet diagnostizierte oder fehlerhaft behandelte Sepsis geschädigt sind, einen Anspruch auf ein weiteres Schmerzensgeld haben, wenn sich die Infektion im Rahmen der Nachbehandlung von Kunstfehlern in anderen Kliniken ereignet oder der Patient sich eine Infektion mit einem CA MRSA zuzieht.


Dr. jur. Burkhard Kirchhoff
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